Pressemitteilungen

DJV-Bezirksverband Pfalz

Donald Trumps Beispiellosigkeit

14.11.2017

Dr. David Sirakov, Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz, spricht beim Parlamentarischen Abend des DJV-Bezirksverbands Pfalz in Neustadt a.d. Weinstr. über die Präsidentschaft Donald Trumps und deren Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz. DJV-Bezirksvorsitzender Ilja Tüchter appelliert an die Politik, mit dem Journalistenverband die Medienkompetenz zu fördern.


Wie wahrscheinlich kein anderer Präsident vor ihm spaltet Donald Trump die Vereinigten Staaten – und die ganze Welt. Wie ist der Wahlsieg des Republikaners zu erklären, und was ist von dieser Präsidentschaft zu erwarten? In seinem Vortrag „Die Beispiellosigkeit Donald Trumps“ ist David Sirakov, Leiter der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz, diesen Fragen beim Parlamentarischen Abend des Bezirksverbands Pfalz des DJV im Mußbacher Herrenhof in Neustadt-Mußbach nachgegangen.
Der Wahlsieg des früheren Immobilienmagnaten vor einem Jahr sei durch viele hochkomplexe Faktoren zustande gekommen, sagte der Experte für US-Innenpolitik. Zum einen seien viele Obama-Wähler von der Präsidentschaft des ersten Schwarzen im Weißen Haus enttäuscht gewesen und hätten auch Hillary Clinton abgelehnt. Sie hätten sich dann bei der Wahl für freie Kandidaten wie Jill Stein entschieden  – besonders jüngere Wähler. Das habe die Demokraten Stimmen gekostet. Zudem gebe es in der amerikanischen Gesellschaft besonders im weißen Bevölkerungsteil eine große Angst vor Abstieg und Überfremdung, „diese Angst hat Trump nicht nur genutzt, sondern verstärkt“, sagte Sirakov, Jahrgang 1975, der in Trier Politikwissenschaft und Öffentliches Recht studiert hat und an der Technischen Universität Kaiserslautern über die Beziehungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten von Amerika im Zeitraum von 2000 bis 2008 promoviert wurde. Trump habe auch eine unglaubliche Medienaufmerksamkeit bekommen, weil besonders die privaten Fernsehsender in den USA erkannt hätten, dass der Republikaner hohe Einschaltquoten bringe.
Die Trump-Administration biete bisher einen tragischen Auftritt. Von 610 Schlüsselpositionen seien erst 180 bestätigt worden. Weil er das Establishment ablehne, habe Trump eine Anti-Experten-Regierung gebildet. Sein größter Erfolg sei bisher die Ernennung des Konservativen Neil Gorsuch zum Richter am Supreme Court gewesen, sonst drehe Trump einfach viele Obama-Gesetze zurück. Meist regiere er durch Erlasse. Trump habe jedoch eine treue Wählerschaft, sagte Sirakov. Er habe es mit einer Identitätspolitik – auf der einen Seite das „wahre Volk“, auf der anderen Seite die Elite und Einwanderer – geschafft, die Gesellschaft zu polarisieren und das für sich zu nutzen. Eine Blaupause dafür habe ihm die französische Front-National-Chefin Marine Le Pen geliefert, betonte der US-Experte. Trump sei es gelungen, eine zweite Realität einzuführen – nämlich seine und die seiner Anhänger. Dafür spreche auch der Umgang mit Medien und das Aufkommen „alternativer Fakten“, also das Ablehnen von Gewissheiten. Dennoch rechne er nicht damit, dass Trump in einem Amtsenthebungsverfahren vom Kongress aus dem Weißen Haus gedrängt wird, er könnte sich höchstens vorstellen, dass er seine Präsidentschaft nicht ganz absolviert und vorher an einen anderen übergibt. Für Deutsche und Amerikaner in Rheinland-Pfalz werde es darum gehen, welche Weltregionen für die US-Administration künftig im Fokus stehen werden, sagte Sirakov. Die US-Präsenz in Rheinland-Pfalz – etwa in Ramstein oder Landstuhl - stehe jedoch nicht zur Diskussion. Das liege auch daran, dass das Land eine gute und erfolgreiche Lobby-Arbeit in den USA betrieben habe und betreibe.
DJV-Bezirkschef Ilja Tüchter warb vor den 70 Gästen aus Politik, Verwaltung, Medien und Gesellschaft dafür, noch stärker in Medienkompetenz zu investieren. Projekte der Verlage wie Zeitung in der Schule und Angebote der Landesmedienanstalten seien gut, aber nicht genug. „Um nicht Fake News auf den Leim zu gehen, muss man möglichst früh lernen, was woher kommt und wie es gemacht wird“, sagte Tüchter und kritisierte, dass die Medienberichterstattung in vielen Medien stark zurückgefahren worden sei. Statt über das neue iphone zu berichten, müsse der Journalismus erklärt werden. Tüchter betonte gleichzeitig, die Mitglieder des DJV stünden für handwerklich sauberen Journalismus, der aufkläre. Vorwürfe aus der populistischen Ecke, „die Medien“ würden die Bürger mit einer geheimen Agenda in die Irre führen oder gar entmündigen wollen, wies der DJV-Bezirkschef entschieden zurück. Dass im Journalismus Fehler gemacht würden und es schwerwiegende Probleme in der Medienbranche gebe, treffe jedoch zu. Der DJV habe dies immer wieder offen angesprochen und werde das auch zukünftig tun. Die zentrale Herausforderung für den Journalismus, so Tüchter, sei weniger, dass die Digitalisierung den Journalisten neue Arbeitsweisen abverlange. Die könne man lernen und der DJV mache dazu erstklassige Bildungsangebote, zuletzt das Mainzer Mediencamp des DJV-Landesverbands Rheinland Pfalz. Vielmehr gebe es infolge der digitalen Revolution ein fundamentales Finanzierungsproblem. Gerade freie Journalisten litten darunter. Aber nur ordentlich bezahlte Journalisten könnten unabhängig sein, unterstrich Tüchter, der auch Gäste des DJV-Landesverbands Thüringen, die rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Andrea Wohlfart sowie die Bezirkschefs aus Rheinhessen, Jürgen Krämer, sowie Trier, Sabine Krösser, begrüßen konnte.
Andreas Schlick
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